Wiederholt mussten neue Stühle herangeschafft werden, als Hannah Lang und Heide Werner sich für die Lesung aus ihren aktuellen Gedichtbänden rüsteten, zu der das St. Ingberter Literaturforum (ILF) in die Stadtbücherei eingeladen hatte. ILF-Sprecher Jürgen Bost eröffnete die Veranstaltung, die er unter das Motto „Mut zur Lyrik –Ein Abend für die Poesie“ gestellt hatte, mit einem kurzen Überblick über Entwicklung und Ausdrucksmöglichkeiten der zeitgenössischen Lyrik und stellte die beiden Sprachkünstlerinnen vor, die ihre Weltbegegnung auf sehr unterschiedliche Art gestalten und in ihren Texten sehr facettenreich und anregend über den Sinn des Lebens und die gegenwärtige Zeit reflektieren Hannah Lang, in Wallerfangen geboren, lebt heute in Seelbach. Neben einer langjährigen Tätigkeit im saarländischen Schuldienst und einem Zweitstudium der Sonderpädagogik wurde sie vor allem durch einen mehrjährigen Entwicklungshilfeaufenthalt in Peru geprägt. Sie engagierte sich schon früh in der Friedens- und Menschenrechtsbewegung. Nach „Wortwege“ erschien 2016 als Summe ihres poetischen Schaffens der Gedichtband „Wunder Wege Leben“, in dem sie ihr Ausdrucksvermögen auf das Äußerste geschärft hat und auch vor klaren Aussagen und Botschaften nicht zurückschreckt. Zum Teil in spanischer Sprache rezitierend, schlug sie in der Lesung einen weiten thematischen Bogen von Naturbeobachtung und Reiseschilderungen bis hin zu Zivilisationskritik und philosophischer Durchdringung unseres Menschseins. Dabei bediente sie sich einer Vielfalt literarischer Formen vom fernöstlich inspirierten Haiku bis hin zu Psalm und Gebet.
Heide Werner, in Saarbrücken geboren, verbrachte sechs Jahre ihrer Kindheit in Beirut. Nach Abitur und Pädagogikstudium war sie zunächst einige Jahre im Schuldienst tätig und arbeitete ab 1980 als Übersetzerin aus dem Französischen. Sie lebt mit ihrer Familie in Kirkel und publizierte ab 1996 zunächst eine Reihe von Romanen. Auf ihre Mitarbeit in der Zweibrücker Autorengruppe, die sie mit begründete, geht ihr Interesse an Kurzformen zurück. Ihre Spezialität im Bereich der Lyrik sind Tautogramme, formal streng disziplinierte sprachliche Gestaltungen, die im Deutschen extrem schwer zu bewältigen sind und bei denen alle Wörter mit demselben Anfangsbuchstaben beginnen. Sie präsentierte ihr 2016 im St.Ingberter Wassermann Verlag erschienenes Bändchen „Menschen mit Macken“, worin sie ebenso unterhaltsam wie nachdenklich stimmend über Alltagssituationen und Welterleben sinniert.
Das Auditorium zeigte sich von beiden Annäherungen an die Kunst der Poesie sehr angetan und hatte noch zahlreiche Fragen an die Künstlerinnen parat. An diesem Abend fand sich der Satz, dass Lyrik auf den Menschen wirkt und die Poesie einen Hauch von Glück zu bringen vermag, auf das glänzendste bestätigt.
Zum Abschluss der Lesung dankte ILF-Sprecher Jürgen Bost den Autorinnen für ihre eindrucksvollen Beiträge und kündigte als nächste Veranstaltung des St. Ingberter Literaturforums für Mittwoch, den 10. Mai 2017, eine Lesung von Frank P. Meyer an, der in seinem Roman „Hammelzauber“, im St. Ingberter Conte-Verlag erschienen, das Saarland in nicht allzu ferner Zukunft viele Jahre nach einer Kernschmelze in einem französischen Atomkraftwerk vorstellt und dabei Science Fiction, Krimi und Dorf-Groteske zu einer aberwitzigen Geschichte verbindet.