Mit einem lauten „Bumm“ lässt sich Jan auf den Boden fallen. Er ist Schüler der Klasse 3c in der Pestalozzi-Grundschule, Dependance Hassel. Jan möchte Schauspieler werden und wurde von Dr. Claudia Meyer-Lang aufgefordert, so zu tun, als sei er ohnmächtig. Der Grund für dieses kleine Schauspiel? Dr. Meyer-Lang erklärt den Kindern einfühlsam und gleichzeitig einprägsam, was in einem Notfall zu tun ist, also wenn sie eine leblose, bewusstlose Person vorfinden. „Woran erkennt ihr, ob die Person vielleicht nur schläft?“, fragt sie. „Richtig: Der erste Schritt heißt ‚Prüfen‘. Sprecht die Person an, rüttelt sie an der Schulter oder zwickt ihr in den Arm. Wenn sie sich bewegt, ist sie nicht bewusstlos.“ Jan kichert, als sie ihn am Arm schüttelt. Aber dann wird es ernster.
Und wenn die Person sich nicht bewegt? Dann kommt der zweite Schritt und den kennen die Kinder bereits gut: „Wir rufen 112, also den Rettungsdienst an!“, rufen sie laut durcheinander. „Richtig prima! Der zweite Schritt heißt ‚Rufen‘“, lautet das Lob der Notärztin und Chefärztin der Anästhesie im Kreiskrankhaus St. Ingbert. Dann folgt der dritte Schritt: „Drücken“ und der ist gar nicht so einfach. An einigen Dummys lernen die Kinder nun, mehrere Minuten im Rhythmus 100-mal pro Minute fest auf den Brustkorb zu drücken. Denn es kann mehrere Minuten dauern, bis das Herz wieder schlägt und das Gehirn wieder mit Sauerstoff versorgt wird. Dabei singen sie das Pippi-Langstrumpf-Lied, so prägen sie sich die Tätigkeit und der Rhythmus perfekt ein. Erst wenn der Rettungsdienst eintrifft, dürfen die Kinder mit dem Drücken aufhören.
Das Projekt ist Teil der Vorgaben aus den Leitlinien der deutschen und europäischen Gesellschaft für Wiederbelegung. „In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass Deutschland im Bereich der Laienanimation noch „Entwicklungsland“ ist, da nur ein geringer Teil der Bevölkerung weiß, was bei einem Kreislaufstillstand zu tun ist“, erklärt Dr. Meyer-Lang. „Die Fachgesellschaften fordern daher zunehmend, bereits Grundschüler an Wiederbelebungsmaßnahmen heranzuführen.“ Sie selbst kam mit diesem Projekt zu ihrer Zeit am Saarbrücker Winterberg-Krankenhaus in Kontakt und trägt ihre Begeisterung dafür bis heute weiter. So entwickelte sie das Programm „Prüfen-Rufen-Drücken“ (PRD) und stellte es Bürgermeisterin und Grundschulrektorin Nadine Backes vor. Diese machte sofort in allen Grundschulen St. Ingberts dafür Werbung. Das Kreiskrankenhaus St. Ingbert ist ebenfalls von der Bedeutung des Projekts überzeugt und finanzierte die Anschaffung der notwendigen Übungsphantome. „Dank des Engagements von Frau Dr. Meyer-Lang und mit der Unterstützung der Stadt St. Ingbert kommen wir damit gemeinsam den Forderungen der Fachgesellschaften vorbildlich nach“, bekräftigen der Geschäftsführer des Kreiskrankenhauses St. Ingbert Peter Zwirner und Ärztlicher Direktor PD Dr. med. Oliver Adam einstimmig.
Das Projekt musste coronabedingt verschoben werden, wurde nun aber in der Grundschule in Hassel gestartet und wird für alle 3. Klassen in St. Ingbert angeboten. Damit sei St. Ingbert ihres Wissens nach zumindest saarlandweit die erste Kommune, in der alle Schüler einer Klassenstufe zum Thema Wiederbelebung geschult werden, fügt die Ärztin hinzu. „Es wäre schön, wenn es gelänge, alle Schüler bundesweit zu erreichen, es in jeder Jahrgangsstufe zu wiederholen und auch in andere Fächer einzubinden“, hofft die engagierte Notärztin. Und betont lachend: „Was Hänschen schon lernt, wird Hans perfekt können!“
„Das ist wirklich wichtig. Und die Kinder haben gar keine Berührungsängste“, staunt Markus Hauck, Ortsvorsteher von Hassel. „Dank dieses Programms werden sie sich die lebensrettenden Maßnahmen bis ins Erwachsenenalter merken.“ In Vertretung von Rektorin Nadine Backes sind Konrektorin Petra Röser und Klassenlehrerin Frau Engler bei der ersten Schulung im Rahmen des Programms dabei. Beide freuen sich darüber, dass Dr. Meyer-Lang bei diesem wichtigen Thema einen so guten Draht zu den Kindern habe.
(Pressemitteilung der Stadt St. Ingbert)