„Deutschland bleiche Mutter“ (Freitag, 6. Juni, 19:00 Uhr) –
„Zeit der Kannibalen“ (Freitag, 6. Juni, 21:45 Uhr; Samstag, 7. Juni, 20 Uhr; Sonntag, 8. Juni, 20 Uhr; Montag, 9. Juni, 18 und 20 Uhr)
Zum Tode von Helma Sanders-Brahms: Wiederaufführung „Deutschland, bleiche Mutter“
Sie war das weibliche Gesicht des Jungen Deutschen Films: Helma Sanders-Brahms. Mit profilierten Dokumentar- und Spielfilmen über Frauenschicksale wurde sie bekannt. Nun ist die Filmemacherin 73-jährig in Berlin gestorben. Bei den italienischen Meistern Pier Paolo Pasolini und Sergio Corbucci hatte die 1940 in Emden geborene Helma Sanders ihr Handwerk gelernt. „Unter dem Pflaster ist der Strand“ lief nach dem Debüt in Cannes monatelang in französischen und italienischen Kinos und gilt als wichtiges Werk der Frauenbewegung.
Die Kinowerkstatt zeigt jetzt ihren Film „Deutschland, bleiche Mutter“ (BRD 1980) mit Eva Mattes (Lene), Ernst Jacobi (Hans), Elisabeth Stepanek (Hanne), Angelika Thomas (Lydia), Rainer Friedrichsen (Ulrich), Gisela Stein (Tante Ihmchen), Fritz Lichtenhahn (Onkel Bertrand) am Freitag, den 6. Juni, um 19 Uhr.
Eine Stimme begleitet den Film von Anfang an: Die Stimme gehört der Regisseurin, Helma Sanders-Brahms. Sie ist Anna, sie erzählt die Geschichte ihrer Mutter, beginnend im Jahre 1939, während der NS-Zeit.
Nachdem „Deutschland, bleiche Mutter“ im Rahmen der diesjährigen Berlinale in der Reihe „Berlinale Classics“ in der wiederhergestellten und digital restaurierten Fassung uraufgeführt wurde, kann der Film wieder in der ursprünglichen Fassung gezeigt werden. Der Film stand 1980 im Wettbewerb der Berlinale und wurde nach den ersten – im Gegensatz zu den Reaktionen im Ausland – sehr negativen Kritiken in der deutschen Presse für den Verleih gekürzt. Die Geschichte von Lene, die unerschrocken ihre Tochter durch die Wirren des Zweiten Weltkriegs bringt und dann im restaurativen Frieden in der Ehe mit einem Kriegsheimkehrer fast zugrunde geht, ist nun wieder in der vollen Länge von 151 Minuten zu erleben. Aus der Perspektive der Tochter Anna erzählt, wirft „Deutschland, bleiche Mutter“ einen schonungslosen Blick auf das Schicksal unzähliger Frauen, das bis heute wenig Beachtung in den historischen Betrachtungen findet. Pünktlich zum 75. Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges in diesem Jahr ist Helma Sanders-Brahms’ Film nun in aller Brillanz wieder verfügbar und bietet eine außergewöhnliche, nämlich weibliche Perspektive auf den Krieg und die Rolle der Frauen darin.
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„Zeit der Kannibalen“ kommt gut an!
Die Kinowerkstatt St. Ingbert zeigt am Freitag, den 6. Juni, um 21:45 Uhr, am Samstag, den 7. Juni, am Sonntag, den 8. Juni und am Montag, den 9. Juni, jeweils um 20 Uhr „Zeit der Kannibalen“ (Deutschland 2014), 93 Minuten, ab 12 Jahren, Darsteller:
Devid Striesow, Sebastian Blomberg, Katharina Schüttler, Jaymes Butler, Florence Kasumba, Carlos Lobo, Steve Ellery, Joana Adu-Gyamfi, Warsama Guledder.
„Zeit der Kannibalen“ hat sich in den letzten Wochen von null auf Platz eins in die Kinocharts katapultiert.
Zur Erinnerung: Johannes Naber gewann den Max-Ophüls-Preis mit seinem Film „Der Albaner“, wirkte am Drehbuch zu „Nordwand“ mit und liefert nun mit „Zeit der Kannibalen“ sein neuestes sehr sehenswertes Werk: „Johannes Naber sucht nach passenden filmischen Tönen für den globalen Kapitalismus – und findet keinen. Dem Film tut das gut.“ – schrieb Filmkritiker Till Kadritzke auf critic.de.
Und weiter schrieb er über den satirischen Blick auf die kapitalistische Welt der Unternehmensberater: „Diesen Herren wird ihre Selbstherrlichkeit noch ausgetrieben werden, das ist sofort klar. Durch arme Länder reisende Unternehmensberater in diesen Zeiten, das taugt nun wahrlich nicht für wackeres Heldentum, das lädt nicht ein zu Empathie und Identifikation. Leicht also für einen Film, zu diesen zynischen, arroganten, rassistischen Vertretern (im doppelten Wortsinne) des globalisierten Kapitalismus auf Distanz zu gehen, ihr Lächeln zu verlachen, ihre Sicherheiten zu erschüttern. Öllers (Devid Striesow) und Niederländer (Sebastian Blomberg) sind sich ihrer Haltung sicher: Sie verschaffen ihren Kunden das jeweils angesagte Mittel, um die Konkurrenz zu ficken, und zivilisieren durch die Verbreitung von Kapitalismus nebenbei barbarische Länder mit unschönen Traditionen.
Die Qualität des Films ist nicht zuletzt dem Roman- und Hörspielautor Stefan Weigl zu verdanken, der für das Drehbuch verantwortlich zeichnet. Denn es sind vor allem die Dialoge, mit denen sich „Zeit der Kannibalen“ offensiv und ohne Rücksicht auf Verluste in die Verstrickungen unserer Zeit hineinwickelt und für ein im deutschen Kino eher seltenes Gefühl sorgt: herausgefordert zu werden…“. (Till Kadritzke auf critic.de)