„Die Wolken von Sils Maria“ (Freitag, 16. Januar, 19 Uhr; Samstag, 17. Januar, 20 Uhr; Sonntag, 18. Januar, 20 Uhr; Montag, 19. Januar, 20 Uhr)
„Timbuktu“ (Freitag, 16. Januar, 21:30 Uhr; Sonntag, 18. Januar, 18 Uhr; Montag, 19. Januar, 18 Uhr)
„Der blaue Tiger“ (Sonntag, 18. Januar, 16 Uhr)
Meisterlich: Der neue Film von Olivier Assayas!
In Cannes hatte er letztes Jahr Premiere, der neue Film von Olivier Assayas: „Die Wolken von Sils Maria“ (Frankreich / Schweiz / Deutschland 2014), Regie, Drehbuch: Olivier Assayas, Darsteller: Chloë Grace Moretz, Kristen Stewart, Juliette Binoche, Brady Corbet, Johnny Flynn, Hanns Zischler, Claire Tran, Lars Eidinger, Steffen Mennekes, Angela Winkler, Jerry Kwarteng, Alister Mazzotti, Frank M. Ahearn, Gilles Tschudi, Aljoscha Stadelmann. (124 min. FSK: ab 6 Jahren), zu sehen jetzt in der Kinowerkstatt, am Freitag, den 16. Januar, um 19 Uhr, am Samstag, den 17. Januar, Sonntag, den 18. Januar und am Montag, den 19. Januar, jeweils um 20 Uhr.
Valentine (Kristen Stewart) steht in einem Eisenbahnwaggon, im Gang neben den Passagierabteilen. Sie lehnt sich an die Kabinentür, stützt sich mit einer Hand am Fenster ab, mit der anderen hält sie ein Handy ans Ohr. Der Film steigt mitten im Gespräch ein, Valentine spricht über Termine in Jakarta, Lima, New York, dann klopft ein anderer Kontakt an, ein Anwalt aus Paris, es geht um einen Gerichtstermin.
Zusammen gehalten wird das Werk Olivier Assayas‘ weniger von durchgängigen Themen oder auch nur von einem durchgängigen Stil, als vom Eindruck ständiger Bewegung. Bewegung, oder vielleicht eher Beweglichkeit scheint die Maxime seines Kinos zu sein: Nie irgendwo ankommen, nie erwartbar werden, mit jedem neuen Film wieder das Publikum und vielleicht auch sich selbst überraschen. Kristen Stewart und Juliette Binoche bleiben in Olivier Assayas‘ meisterlichem „Clouds of Sils Maria“ in ständiger Bewegung.
Ins Engadin, in jenes Sils Maria, von dem schon Nietzsche wusste, dass seine lieblich-idyllische Anmutung trügerisch ist, nach Sils ziehen sich Valentine und Maria für Theaterproben zurück, oder eigentlich: für eine Wiederaufführung. Der alternde Star ist fürs Remake eines Bühnenstücks engagiert worden, das ihr selbst vor Jahrzehnten zum Durchbruch verholfen hatte: „Maloja Snake“, ein offensichtlich recht spekulatives Lesben-Eifersuchtsding. Nur soll sie nicht mehr, wie einst, die junge Verführerin spielen, sondern die ältere Verführte. Ihre damalige Rolle übernimmt testweise, während ausgiebiger Bergspaziergänge, die Assistentin. Wie Valentines erste Szene im Zug ist der ganze Film ein Balanceakt.
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Timbuktu – Filmische Agenda des Widerstands
Mit seinem wunderbar lyrischen Film „Timbuktu“ führt uns der Regisseur Abderrahmane Sissako vor Augen, warum die Islamisten nicht gewinnen werden: Eine Gazelle rast durch die Wüste. Sie flüchtet vor vermummten Männern, die sie von einem Jeep aus mit ihren Kalaschnikows jagen. Danach machen die Männer Schießübungen auf traditionelle afrikanische Masken und Statuen. Die Kamera streicht über das zersplitterte Holz. Für die Unterwerfung, die Zerstörung einer Kultur durch eine andere findet der Filmemacher Abderrahmane Sissako schon in den ersten Szenen seines vierten abendfüllenden Spielfilms sehr eindrückliche Bilder. „Timbuktu“ (Frankreich / Mali / Mauretanien 2014; Regie: Abderrahmane Sissako ), am Samstag, den 10. Januar, am Sonntag, den 11. Januar, und am Montag, den 12. Januar, jeweils um 18 Uhr in der Kinowerkstatt, spielt in der gleichnamigen Stadt, die von islamischen Fundamentalisten besetzt wurde: Musik ist verboten. Zigaretten sind verboten. Fußball spielen auch. Die Frauen müssen sich auf der Straße nicht nur verschleiern, sondern auch, entgegen ihren Traditionen und bei der Arbeit oft sehr hinderlich, Handschuhe und Strümpfe tragen. Gegen erzwungene Hochzeiten mit den Besatzern sind sie relativ machtlos.
In ihrem Zelt in den Dünen außerhalb der Stadt leben Kidane und Satima mit ihrer Tochter Toya und dem Hirtenjungen Issan. Der Film zeichnet ihr Dasein als Idyll in warmen, kräftigen Farben und sonnendurchfluteten Bildern. Ein Paradies, das auf seine Zerstörung zu warten scheint.
Die Tragödie nimmt ihren Lauf, als Issans Lieblingskuh, die auf den eigenwilligen Namen GPS hört, von dem Fischer Amadou getötet wird, weil sie seine Netze im Fluss zerstört hat.
Als Kidane von dem Vorfall am Fluss erfährt, entschließt er, wutentbrannt und mit einer Pistole bewaffnet, den Fischer zur Rede zu stellen. Beim Handgemenge mit Amadou löst sich ein Schuss. Kidane ist zwar unverwundet, wird sich aber vor dem Gericht der Dschihadisten wegen Mordes verantworten müssen.
Sissako sagt, er sei zu dem Film inspiriert worden durch die Geschichte eines Paares mit zwei Kindern, das im nördlichen Mali gesteinigt worden war, weil sie nicht verheiratet waren.
Zunächst geht es um das Bild des Terroristen. Geradezu behutsam bemüht sich der Film, die selbsternannten Gotteskrieger als Menschen zu zeigen. Da ist Abdelkrim, der sich unter dubiosen Vorwänden aus dem Jeep in die Dünen zurückzieht, um Zigaretten zu rauchen. Da ist die Szene, in der ein junger Soldat eine Videobotschaft sprechen soll. Die Aufnahme muss mehrmals wiederholt werden, weil es ihm an Elan, an Überzeugung mangelt. Der Fanatismus erscheint in dieser Szene als etwas, das gelehrt und einstudiert werden muss. (Übrigens erfahren wir, dass der junge Mann früher Rap-Musik machte – wer möchte, kann eine Parallele sehen zum aus Berlin stammenden Gangsta-Rapper „Deso Dogg“, der sich dem „Islamischen Staat“ anschloss.) Schließlich zeigt sich etwa in einem Verhör Kidanes durch seinen Richter deutlich, dass dieser durchaus Mitgefühl mit dem Schicksal des Angeklagten und seiner Familie hat. Eine solche Darstellung scheint dem Selbstbild der Terroristen diametral entgegenzulaufen. Denn die Enthauptungsvideos des IS etwa entmenschlichen ja nicht nur die Opfer, sondern gleichermaßen die Täter, die als bloße Werkzeuge des Willens Gottes erscheinen sollen. In „Timbuktu“ hat es etwas Gespenstisches, dass es gar nicht zwangsläufig unsympathische Männer sind, die für ein Regime des Schreckens verantwortlich zeichnen, in dem alle, die ihrer steinzeitlichen Auslegung des Korans nicht folgen, mit Peitschenhieben oder gar Steinigungen bestraft werden.
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Der blaue Tiger im Familienkino
„Der blaue Tiger“ (Tschechien, Deutschland, Slowakei, 2011) war der beliebteste Film während der Schulkinowoche. Jetzt läuft er noch einmal im Familienkino am Sonntag, den 18. Januar, um 16 Uhr. (91 Minuten, BJF-Empfehlung: ab 6 Jahren, FSK: o.A.)
Wie eine vergessene Insel liegt ein alter botanischer Garten inmitten einer lauten Stadt. Johanna lebt dort zusammen mit ihrer Mutter und ihrem besten Freund Mathias, dem Sohn des wortkargen Gärtners Blume. Johanna liebt die Pflanzen und Tiere, die ihr grünes Heim bevölkern. In ihrer Fantasie kann alles lebendig werden und wundersame Dinge passieren. Nur in der Schule hat sie es mit ihren Mitschülern und einer gemeinen Lehrerin nicht leicht. Als der fiese Bürgermeister Rýp den paradiesischen Garten abreißen lassen will, um dort ein Entertainmentcenter zu bauen, ist Johanna schockiert. Fieberhaft überlegen Mathias und sie wie man ihr Zuhause retten könnte. Da taucht eines Nachts ein kleiner, blauer Tiger in der Stadt auf und gefährdet die perfiden Pläne des Bürgermeisters ernsthaft. Es scheint, dass nur der Tiger den Garten vor dem Abriss bewahren kann. Jetzt ist es an Johanna und Mathias, das wundersame Tier vor den teuflischen Fängen des Bürgermeisters und seiner Handlanger zu schützen.