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Programm Kinowerkstatt St. Ingbert vom 13. – 15. Juni 2014

„Zeit der Kannibalen“ (Freitag, 13. Juni, 19 Uhr; Samstag, 14. Juni, 20 Uhr; am Sonntag, 15. Juni, 18 und 20 Uhr) –

„Deutschland, bleiche Mutter“ – Sonntagsmatinée (Sonntag, 15. Juni, 11 Uhr)

Verlängert: „Zeit der Kannibalen“

Weiter zeigt die Kinowerkstatt St. Ingbert „Zeit der Kannibalen“ (Deutschland 2014), Regie: Johannes Naber mit Devid Striesow, Sebastian Blomberg, Katharina Schüttler. Zu sehen am Freitag, den 13. Juni, um 19 Uhr, am Samstag, den 14. Juni, um 20 Uhr, sowie am Sonntag, den 15. Juni, um 18 und 20 Uhr.
Johannes Naber – der Sohn des legendären SWF-Hörspiel-Chefs Hermann Naber – hat sich mit seinem Spielfilm-Debut „Der Albaner“ einen Namen gemacht. Bei der diesjährigen Berlinale wurde sein neuer Film „Zeit der Kannibalen“ uraufgeführt. Ging es in „Der Albaner“ um Armutsflüchtlinge, geht es diesmal um die Mit-Verursacher der Armut in der Welt: Investmentmanager.

Frank Öllers und Kai Niederländer haben Karriere gemacht: als Unternehmensberater in den Diensten eines Globalplayers sind sie rund um den Erdball unterwegs. Sie logieren in den besten Hotels, Geld spielt keine Rolle. Ihren Job erledigen die beiden in der Regel per Telefon und E-Mail. Falls sich dann doch der persönliche Kontakt mit einem Klienten nicht vermeiden lässt, hat der meistens das Nachsehen.
Eben in einer afrikanischen Metropole unterwegs, erreicht Öllers und Niederländer die Nachricht, dass ihr Kollege Hellinger in den Olymp des Unternehmens aufgestiegen ist: d. h. er wurde zum Teilhaber berufen. Da steht nun die bange Frage im Raum, wer wird Hellingers Nachfolger, bekommen die Karrieren von Öllers und Niederländer einen Schub oder droht gar der Abstieg in der Karriereleiter?
Aufatmen: Hellinger hat keinen Nachfolger, sondern eine Nachfolgerin und die heißt Bianca. Verbindlich im schwarzen Kostüm macht sie keinen schlechten Eindruck, typisch Frau eben und noch sensibel, wo sich ihre männlichen Kollegen schon längst keine Gedanken mehr machen.
Wie Öllers und Niederländer zu spät feststellen, dass es sich bei Bianca um eine ziemlich abgebrühte Powerfrau handelt, die ihre selbstgefälligen Kollegen ans Messer liefert, ohne mit der Wimper zu zucken, erzählt Johannes Naber in seiner rabenschwarzen Satire „Zeit der Kannibalen“…

Psychologisch genau geht es in diesem Film um Typen, die einem das Gruseln lehren und von denen man dank Leman-Brothers und Konsorten zwischen BER-Flughafen und Stuttgart 21 weiß, welches Unheil sie anzurichten im Stande sind.

Devid Striesow, Katharina Schüttler und Sebastian Blomberg geben ihnen ein erschreckend realistisches Profil.

Zur Raffinesse von „Zeit der Kannibalen“ gehört, dass er fast ausschließlich in der Suite der Manager in einem Luxushotel spielt. Trotzdem nimmt einen dieser außergewöhnliche Film mit in das Wesen heutiger Manager, bei denen sich hinter einer eiskalten zynischen Fassade seelische Krüppel verbergen.

Nach „Zeit der Kannibalen“ ist man um einige Illusionen ärmer, begreift aber, warum manches in unserer Welt so schief läuft. Es sind eben die Öllers und Niederländers, die hier zu Gange sind…

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Sonntagsmatinée 11 Uhr:
Wiederaufführung „Deutschland, bleiche Mutter“

Sie war das weibliche Gesicht des Jungen Deutschen Films: Helma Sanders-Brahms. Mit profilierten Dokumentar- und Spielfilmen über Frauenschicksale wurde sie bekannt. Nun ist die Filmemacherin 73-jährig in Berlin gestorben. Bei den italienischen Meistern Pier Paolo Pasolini und Sergio Corbucci hatte die 1940 in Emden geborene Helma Sanders ihr Handwerk gelernt. „Unter dem Pflaster ist der Strand“ lief nach dem Debüt in Cannes monatelang in französischen und italienischen Kinos und gilt als wichtiges Werk der Frauenbewegung.
Die Kinowerkstatt zeigt jetzt ihren Film „Deutschland, bleiche Mutter“ (BRD 1980) mit Eva Mattes (Lene), Ernst Jacobi (Hans), Elisabeth Stepanek (Hanne), Angelika Thomas (Lydia), Rainer Friedrichsen (Ulrich), Gisela Stein (Tante Ihmchen), Fritz Lichtenhahn (Onkel Bertrand) am Sonntag, den 15. Juni, um 11 Uhr in einer Matinée-Vorführung.
Eine Stimme begleitet den Film von Anfang an: Die Stimme gehört der Regisseurin, Helma Sanders-Brahms. Sie ist Anna, sie erzählt die Geschichte ihrer Mutter, beginnend im Jahre 1939, während der NS-Zeit.
Nachdem „Deutschland, bleiche Mutter“ im Rahmen der diesjährigen Berlinale in der Reihe „Berlinale Classics“ in der wiederhergestellten und digital restaurierten Fassung uraufgeführt wurde, kann der Film wieder in der ursprünglichen Fassung gezeigt werden. Der Film stand 1980 im Wettbewerb der Berlinale und wurde nach den ersten – im Gegensatz zu den Reaktionen im Ausland – sehr negativen Kritiken in der deutschen Presse für den Verleih gekürzt. Die Geschichte von Lene, die unerschrocken ihre Tochter durch die Wirren des Zweiten Weltkriegs bringt und dann im restaurativen Frieden in der Ehe mit einem Kriegsheimkehrer fast zugrunde geht, ist nun wieder in der vollen Länge von 151 Minuten zu erleben. Aus der Perspektive der Tochter Anna erzählt, wirft „Deutschland, bleiche Mutter“ einen schonungslosen Blick auf das Schicksal unzähliger Frauen, das bis heute wenig Beachtung in den historischen Betrachtungen findet. Pünktlich zum 75. Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges in diesem Jahr ist Helma Sanders-Brahms’ Film nun in aller Brillanz wieder verfügbar und bietet eine außergewöhnliche, nämlich weibliche Perspektive auf den Krieg und die Rolle der Frauen darin.

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