Die St. Ingberter Grünen begrüßen, dass die Diskussion, wie der St. Ingberter Stadtwald zukünftig bewirtschaftet und weiterentwickelt werden kann nun auch im Stadtrat Einzug gehalten hat. In der Stadtratssitzung am 2.2. wurde das „Entwicklungskonzept Stadtwald“ beschlossen.
„Bereits in dem von den Grünen mitinitiierten und im Juni 2020 vorgestellten Klimaanpassungskonzept für die Stadt St. Ingbert werden Strategien und konkrete Maßnahmen zur Klimaanpassung in St. Ingbert aufgeführt, welche auch unseren Wald einbeziehen. Da wir als Kommune über eigenen Stadtwald verfügen, haben wir die einmalige Chance den Prozess zur Entwicklung eines klimaaktiven und klimaresilienten Waldes aktiv als Eigentümer mitzugestalten“, so der Fraktionsvorsitzende der Grünen im St. Ingberter Stadtrat, Rainer Keller.
„St. Ingbert hat aber auch eine Verantwortung für die umgebenden Wälder, welche nicht direkt zum Stadtwald gehören“, betont Keller.
„Als Biosphärenstadt müssten wir eine Vorreiterrolle einnehmen und insgesamt darauf einwirken, dass vor einer vielerorts immer noch stark ökonomischen Betrachtung des Waldes stärker die biologische und ökologische Wertigkeit Berücksichtigung findet. Dies schließt eine Bewirtschaftung unserer Wälder nicht grundsätzlich aus. Die Gewinnung und Nutzung heimischen Holzes hat eine hohe Bedeutung für eine echte nachhaltige Forstwirtschaft und jeder bei uns eingeschlagene Baum senkt den lokalen Bedarf nach Holz, welches ggf. weltweit unter ökologisch fragwürdigen Bedingungen eingeschlagen würde. Die Frage ist jedoch wie dies konkret geschehen soll!“, fragt Keller.
„Man muss sich nur in den Wäldern umzuschauen wie es aussieht, wenn die wirtschaftlichen Interessen Priorität haben: Hochindustrielle Holzernte mit schweren Maschinen im Akkord, die große Menge an Holz auf einer Fläche im Minutentakt abernten können. Durch die hochindustrielle Holzernte mit schweren Erntemaschinen wird aber der empfindliche Waldboden unwiederbringlich verdichtet, das Bodenleben und die Wasserspeicherfähigkeit werden zerstört und nebenbei oftmals die Rad- und Wanderwege zerstört. Der Maschineneinsatz in dieser Form verursacht umfängliche Rinden- und Wurzelschäden und schafft damit Angriffsmöglichkeiten für Pilzbefall und Schadinsekten. Zudem lichtet diese Art der Forstwirtschaft der Meinung der Grünen nach die Kronendächer des Waldes auf, wodurch das feucht-kühle Waldinnenklima verloren gehen kann. Die Feuchtigkeit kann nicht mehr im Wald gehalten werden. Plötzlich freigestellte sonnenempfindliche Buchen sind von Sonnenbrand und Kalamitäten bedroht.“
Bereits in einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1990 wird der sozialen Funktion und der zentralen Aufgabe des Waldes für das Klima und der Natur Vorrang vor der wirtschaftlichen Nutzung eingeräumt. Dies wünschen sich die St. Ingberter Grünen sowohl für den St. Ingberter Stadtwald als auch für die Flächen des Saarforstes.
„Die Bewirtschaftung des St. Ingberter Stadtwalds durch den Saarforst begrüßen wir grundsätzlich. Mit dem St. Ingberter Revierförster Michael Weber haben wir einen kompetenten Mitstreiter für die Belange des Waldes an unserer Seite und der Saarforst hat in den letzten Jahren bereits den Weg in die richtige Richtung eingeschlagen, jedoch gibt es aus Sicht der Grünen noch viel Optimierungspotential. Gerade in Coronazeiten entdecken immer mehr Menschen den Wald neu. Es zeigt sich, dass die derzeitige forstwirtschaftliche Praxis von einem immer größer werdenden Teil der Bevölkerung nicht mehr mitgetragen wird. Die BürgerInnen wollen einen gesunden arten- und strukturreichen Wald mit feucht-kühlem Innenklima, den sie zur Erholung gerne aufsuchen“, so Keller.
„Von der Einbindung der beiden Experten Georg Wilhelm und Bodo Marschall zur Erarbeitung eines Entwicklungskonzepts für den Stadtwald versprechen wir uns neue Impulse zur Entwicklung unseres Waldes.“ Georg Wilhelm ist ein ausgewiesener forsttechnischer Experte und Bodo Marschall war jahrelang Förster in St. Ingbert und sitzt seit langem für die Grünen im Ortsrat IGB-Mitte.
„Speziell das Waldgebiet „Die Au“ mit einer Fläche von rund 100 Hektar ist das größte zusammenhängende Gebiet des St. Ingberter Stadtwaldes und eignet sich hervorragend zur Entwicklung eines speziellen „Waldlabors“, betont Keller.
„Unser Wald erfüllt viele Funktionen. Wir befinden uns in einem Spannungsfeld zwischen Wirtschaftswald, Erholungswald und Naturschutzwald. Wir werden unseren Wald auch weiterhin als Erholungswald und Wirtschaftswald nutzen, jedoch zukünftig noch stärker die Klimaschutzfunktion des Waldes stärken und die Bewirtschaftung nachhaltiger gestalten müssen“, erläutert Keller und ergänzt:
„Wir fordern beispielsweise die Ausweisung s.g. „Altholzinseln“: Parzellen mit einem Altholzbestand an Laubbäumen, z.B. über 100-jähriger Buchen oder über 130-jähriger Eichen. Diese Altholzinseln sollten zukünftig aus der Bewirtschaftung komplett herausgenommen werden und sich in Ruhe entwickeln können. Nadelhölzer und Jungholz könnten in den verbleibenden Gebieten somit weiter eingeschlagen werden und die Bewirtschaftungsfunktion des Waldes weiterhin nachhaltig genutzt werden, aber lasst „die Dicken“ stehen!“, fordert Keller abschließend.