Kinowerkstatt St. Ingbert: Programm vom 31. Oktober – 4. November 2019

„Dawn of the Dead“ oder „Zombies im Kaufhaus“ (Donnerstag, 31. Oktober, 20 Uhr)

„Systemsprenger“ (Freitag, 1. November, Samstag, 2. November, Montag, 4. November, jeweils um 20 Uhr)

„Chiko und Rita“ (Sonntag, 3. November, 20 Uhr)

Zombie- Apokalypse

Kürbisse, Riesenspinnen und Skelette in Schaufenstern und vor Häusern verraten es: Das Kultfest Halloween steht vor der Tür. Am 31. Oktober ist es soweit – dann kriechen Hexen, Zombies und Gespenster aus ihren Höhlen, verlangen nach Süßem oder nach Horror-Parties, in der Kinowerkstatt ist ab 20 Uhr ein Horror – Kultfilm des amerikanischen Regisseurs George A. Romero aus dem Jahr 1978 zu sehen, ein Klassiker: „Dawn of the Dead“ oder „Zombies im Kaufhaus“ (USA, Italien 1978) Regie: George A. Romero, Musik: Goblin, Kamera: Michael Gornick, Schnitt George A. Romero, Dario Argento, mit David Emge, Ken Foree, Scott H. Reiniger, Gaylen Ross, Taso N. Stavrakis, David Crawford u. a. !
Der Film handelt von vier Menschen, die sich während einer Zombie-Epidemie in einem Einkaufszentrum verschanzen und von dort aus Zeugen des Untergangs der Menschheit werden. Der Handlungsort Einkaufszentrum wurde häufig als Allegorie auf den Kapitalismus interpretiert. Als die vier das Einkaufszentrum erreichen und die Zombies sehen, die von der Shopping Mall anscheinend unwiderstehlich angezogen werden, mutmaßen sie, dass die Untoten an den Ort zurückkehren, der ihnen auch im Leben der wichtigste war. Die Zombies wandern ziellos durch die Gänge und erinnern dabei nicht zufällig an völlig normale Kaufhausbesucher. Auch die vier menschlichen Hauptdarsteller sind anfangs begeistert von den Gütern des Einkaufszentrums, das ihnen eine Zeit lang alleine zur Verfügung steht. Sie schwelgen in einem Überfluss, in dem keine materiellen Wünsche offenbleiben. Es werden Szenen gezeigt, in denen sie Kaviar essen, Champagner trinken und teure Kleidung tragen. Geld holen sie in dicken Bündeln aus der Kaufhausbank und benutzen es als Spielgeld für Poker. Erst als ein Zustand totaler materieller Befriedigung erreicht ist, wird ihnen ihre verzweifelte Situation wieder bewusst, und Niedergeschlagenheit und Depression kehren zurück. Der grenzenlose Konsum hat die Gruppe kurzzeitig abgelenkt, an den eigentlichen Problemen aber nichts geändert.
Romero äußerte sich 2004 in der Dokumentation The Dead Will Walk diesbezüglich folgendermaßen über seine Intention:
„Ich wollte über einige meiner eigenen Ideen über die Gesellschaft sprechen. Ich denke nicht, dass es sich dabei um hintergründige Aussagen handelt. Ich glaube, es ist sonnenklar! Absolut offensichtlich: Die Art, wie die Gesellschaft konditioniert wurde zu denken, dass, solange man dieses Zeug besitzt, das Leben wundervoll ist. Und wie man fälschlicherweise von Dingen angezogen und verführt wird, die in deinem Leben eigentlich nicht wichtig sein sollten, es aber dennoch sind.“ (George Romero). Dazu der amerikanische Filmkritiker Roger Ebert: „Zombie ist einer der besten Horrorfilme die je gedreht wurden, und dadurch zwangsläufig einer der erschreckendsten. Er ist grauenhaft, verstörend, widerlich, gewalttätig, brutal und abstoßend. Er ist aber auch (einen Moment bitte, wo ist meine zweite Liste) brillant gedreht, lustig, skurril und in wilder Weise gnadenlos in seiner satirischen Sicht auf die amerikanische Konsumgesellschaft. Es hat nie jemand behauptet, dass Kunst dem guten Geschmack entsprechen müsse.“ (Roger Ebert)

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Kinowerkstatt: „Systemsprenger“

Ab Freitag, den 1. November läuft der vielbeachtete Film „Systemsprenger“ (Deutschland 2019) in der Kinowerkstatt. Nora Fingscheidts , mit einem Silbernen Bären ausgezeichneter Film, erzählt von einer gewalttätigen Neunjährigen, die sich nach Geborgenheit sehnt und im Jugendhilfesystem durch alle Raster fällt. Benni (Helena Zengel) rastet aus, wenn sie etwas im Gesicht hat: Als Baby hat ihr jemand ihre vollen Windeln ins Gesicht gedrückt. Sie schreit, wirft Bobbycars gegen eine Scheibe, dass das Sicherheitsglas bricht, oder schlägt den Kopf eines »Angreifers« so lange auf den Boden, bis Blut fließt.
Bennis Wut ist die Wut der Verzweiflung. Eigentlich will sie Liebe, Geborgenheit und wieder bei ihrer Mama wohnen, die von ihrer Tochter aber so überfordert ist, dass sie sie weggegeben hat.
»Systemsprenger« ist ein Begriff aus der Jugendhilfe. Kinder und Jugendliche werden so genannt, bei denen alle Hilfsmaßnahmen scheitern: Aus jedem Heim und jeder Wohngruppe fliegen sie raus, landen häufig in der Psychiatrie. Nora Fingscheidt kommt vom Dokumentarfilm, für ihr jetziges Langspielfilmdebüt hat sie fünf Jahre recherchiert: Bennis Geschichte ist absolut realistisch. Und doch ist schon in den ersten Filmminuten klar, dass »Systemsprenger« kein Sozialdrama ist und der Begriff hier vor allem auch eine poetische Dimension hat. Dass Benni nicht klarkommt mit sich und der Welt, liegt nicht an den Menschen, die sich von Berufs wegen um sie kümmern. Nora Fingscheidt zeigt lauter engagierte Menschen, etwa die Jugendarbeitsmitarbeiterin Frau Bafané (Gabriela Maria Schmeide), die mit viel persönlichem Einsatz nach Lösungen für Benni sucht.
„Der Film ‚Systemsprenger‘ Regie: Nora Fingscheidt, mit Helena Zengel, Albrecht Schuch, Gabriela Maria Schmeide, Lisa Hagmeister, Melanie Straub, Victoria Trauttmansdorff, Maryam Zaree, Tedros Teclebrhan, ist ein seltener Glücksfall: ein deutscher Film zu einem relevanten Thema, mit einer sorgfältig erzählten Geschichte und einer kraftvollen eigenen Handschrift.“ (epd Film)

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Letzte Woche startete die neue Jazzfilm- Raritäten – Reihe, kuratiert von dem Jazz- Experten Professor Klaus Huckert, mit „Chiko und Rita“. Auf vielfachen Wunsch läuft dieser farbenfrohe Animations- Spielfilm noch einmal, am Sonntag, den 3. November, um 20 Uhr.
„Chico und Rita“ aus dem Jahr 2010, Regie: Fernando Trueba, Javier Mariscal, Tono Errando, ist eine mitreißende Love-Story, die durch kubanischen Jazz, wunderschöne Grafiken und Animationen mit viel Gefühl geprägt ist.
Havanna 2008. Chico, ein alter Schuhputzer in Havanna, verdient sich mühsam seinen Lebensunterhalt. Bei seiner Rückkehr nach Hause, hört er im Radio ein Lied, dass 1948 von ihm komponiert wurde und das er gemeinsam mit der Sängerin Rita bei einem Radiowettbewerb erfolgreich aufgeführt hat. In einer Rückblende um sechzig Jahre sieht man den jungen Pianisten Chico, der das Leben in Kuba vor dem Castro-Regime genießt. Bei einem Bar-Auftritt lernt er die wunderschöne Sängerin Rita kennen und lieben. Es entwickelt sich eine mitreißende Love-Story, die durch kubanischen Jazz, wunderschöne Grafiken und Animationen mit viel Gefühl geprägt ist. Und natürlich ein Happy End. Die Filmmusik bzw. die Arrangements stammen teilweise vom Pianisten, Bandleader und Komponisten Bebo Valdes, der bedeutendeMusikwerke mit lateinamerikanischen Rhythmen in den vierziger und fünfziger Jahren in Kuba komponiert hatte.
Andreas Platthaus schrieb zu „Chico und Rita“ in der Frankfurter Allgemeine am 01.09.2012:
„In seinem Spielfilm „Chico & Rita“ erzählt Fernando Trueba von einer unglücklichen Liebe im Kuba der vierziger Jahre und verzaubert uns mit Farben, Formen, Bewegungen und Musik. Das macht „Chico & Rita“ so sehenswert: Dass eine Einheit von Form und Thema besteht. Wenn Trueba spektakuläre Kamerafahrten zeichnen lässt und Cinemascope-Ästhetik einsetzt, gleicht das der Experimentierfreude, die Hollywood in jenen fünfziger Jahren auszeichnete, in denen der Hauptteil der Handlung angesiedelt ist. Der Film ist aus einem Guss, ein synästhetischer Glücksfall, dem man das Drehbuch gern nachsieht, weil man ohnehin nur auf die nächste Musikszene wartet. Zu Recht, bis zuletzt.“
„Chico und Rita“ erhielt den Spanischen Filmpreis 2011, den Europäischen Filmpreis 2011 (Europäischer Filmpreis in der Kategorie Bester Animationsfilm), wurde ausgezeichnet beim Trickfilmfestival Stuttgart 2011 als „Bester Animationsfilm in der Kategorie AniMovie“, Nominiert für den Oscar 2012 Oscarverleihung 2012 in der Kategorie Bester animierter Spielfilm.

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