„Den Titel habe ich zwar selbst gewählt, finde ihn aber nicht unbedingt überzeugend“, eröffnete Andreas Cremer seine Fotoausstellung in der 1. Etage des St. Ingberter Rathauses. Und er hat recht: Seine Architektur- und Detailbilder zeigen viel mehr als einfache Formen. In der Nahaufnahme wird aus einer Tasse zum Beispiel eine Art abstraktes Gebirge, Leuchten werden zu Stelen, Glasbehälter zu rasanten Bögen und Plastikstühle zu orangenen Tropfen. So werden Strukturen und Alltägliches in seinen klaren, ausdrucksstarken Fotos zu Traumwelten, in denen sich der praktische Nutzen der Gegenstände und Architekturen in phantastische, teils skurrile Bilder verwandeln.
„Man bekommt einen ganz neuen Blick auf die Dinge“, fasste Albrecht Hauck, Kulturbeigeordneter der Stadt St. Ingbert, seine Eindrücke in seiner Begrüßung zusammen. Diesen neuen Blick hat sich der 74-jährige Andreas Cremer selbst erarbeitet. Mit zehn Jahren schoss er sein erstes Foto mit der Kamera seines Vaters – damals noch ohne Autofokus und digitaler Nachbearbeitung! Im Laufe des Lebens besuchte er einige Fotografie-Workshops, „aber ich habe mein Hobby immer mal mehr und mal weniger gepflegt“, wie er erzählte. Zunächst beschäftigte er sich mit Landschaftsfotos, später richtete er die Kamera eher auf die Architekturen. Erst nach dem Eintritt in den Ruhestand konzentrierte er sich ganz auf die Fotografie „und irgendwann erkannte ich, dass ich in Detailaufnahmen genau das finde, was ich in einem Bild suche.“
Da die Kunsthistorikerin Dr. Brigitte Quack aufgrund einer Verletzung als Laudatorin ausfiel, erklärte der Künstler selbst sein Werk. „Die Wiedererkennung des Motivs bleibt ganz bewusst auf der Strecke, indem ich ihn aus dem Kontext isoliere“, erläuterte er seine Fotos. „Die Kurve folgt der Gegenkurve, die Linie der Gegenlinie.“ Eine Ambivalenz, die – wie Andreas Cremer sich selbst sieht – seine Persönlichkeit widerspiegelt. Seine Fotos beweisen: Der Zauber steckt im Detail.
Die Ausstellung „Gefundene Formen“ von Andreas Cremer ist bis zum 25. April 2025 im 1. Stock des St. Ingberter Rathauses zu sehen. Am Montag, 24. März, und am Mittwoch, 9. April, wird der Künstler jeweils von 14 bis 16 Uhr persönlich zum Gespräch vor Ort sein.