Programm Kinowerkstatt St. Ingbert vom 3. – 6. November 2017

„Django – Ein Leben für die Musik“ (Fr. 3. Nov., 20 Uhr; Sa. 4. Nov. 20 Uhr)
„Sweet and Lowdown“ (Mo. 6. Nov. 18 Uhr)
„Die schönen Tage von Aranjuez“ (Mo. 6. Nov. 20 Uhr)

„Django – Ein Leben für die Musik“

„Django – Ein Leben für die Musik“ (Frankreich 2017), Regie: Etienne Comar, Darsteller: Reda Kateb, Cecile de France, Bea Palya, Musik: Django Reinhardt bzw. Stochelo Rosenberg, war der Eröffnungsfilm der diesjährigen Berlinale und läuft jetzt in der Kinowerkstatt am Freitag, den 3. November und am Samstag, den 4. November, jeweils um 20 Uhr.
Der Franzose Étienne Comar ist der erste Regisseur überhaupt, der einen Film über den Gitarristen Django Reinhardt gedreht hat – und das, obwohl das Leben dieses Ausnahmemusikers Stoff für weit mehr als nur für e i n e n Film liefert. Sowohl biografisch, als auch musikalisch.
1910 erblickte Jean Reinhardt in Belgien das Licht der Welt. Später wurde er unter dem Namen Django bekannt und gilt heute als einer der wichtigsten Begründer des europäischen Jazz. Schon als Kind erlernte Django das Spielen der Violine, des Banjos und schließlich der Gitarre. 1934 gründete er zusammen mit Stéphane Grappelli, seinem Bruder Joseph, dem Gitarristen Roger Chaput und dem Bassisten Louis Vola das Quintett. Trotz des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs und seiner Sinti-Zugehörigkeit hielt Reinhardt auch nach 1939 an der Jazz-Gruppe fest.

Paris 1943: Django Reinhardt ist der Star der Pariser Jazz-Szene. Der begnadete Jazzgitarrist ist auf dem Gipfel seines Erfolges: Abend für Abend spielt er in ausverkauften Sälen und begeistert das Publikum mit seinem Gypsy-Swing, einer Musik voller Lebenslust und Witz, der sich auch die deutschen Besatzer nicht entziehen können. Selbst die deutschen Offiziere sind von seiner Musik begeistert. Entartet oder nicht, egal. Reinhardt wähnt sich als beliebter Künstler vor dem Rassenwahn der Nazis sicher, doch seine Auftritte sind eine Gratwanderung.

Während andere Sinti in ganz Europa verfolgt werden, kann sich Django aufgrund seiner Popularität in Sicherheit wiegen – bis ihn die Nationalsozialisten auf Tournee nach Deutschland schicken wollen: Django weigert sich. Seine Pariser Geliebte hilft ihm, mit seiner schwangeren Frau und seiner Mutter an der Schweizer Grenze unterzutauchen. Hier trifft er auf Mitglieder seiner weitverzweigten Familie, die ebenfalls auf der Flucht sind. Über den Genfer See will er in die Schweiz gelangen, doch die Nazis sind ihm dicht auf den Fersen.

Zusätzlich zu diesem Spielfilm werden nach dem Film seltene Filmdokumente zu Django Reinhardt gezeigt.

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Woody Allen: „Sweet and Lowdown“

Auch am Montag, den 6. November, um 18 Uhr, in Woody Allens Spielfilm und einer Hommage an die Swing-Ära, „Sweet and Lowdown“ (USA 1999) mit Sean Penn, Samantha Morton, Uma Thurman, Tony Darrow, Anthony LaPaglia, Gretchen Mol, John Waters und Woody Allen als er selbst, geht es um Jazz und einen Jazzmusiker: Emmet Ray, der in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts nach Django Reinhardt als „der zweitbeste Gitarrist der Welt“ gilt. Der Jazzmusiker Emmet Ray hält sich mit Engagements in Nachtclubs über Wasser und bessert seine Gagen ab und zu als Teilzeit-Zuhälter auf. Der Legende nach ist er zweimal seinem Erzrivalen und heimlichen Gott Django Reinhardt begegnet – und jedes Mal in Ohnmacht gefallen. Neben der Musik interessieren ihn vor allem schnelle Autos, modische Kleidung und schöne Frauen. Alkoholexzesse, Spielschulden und Poolbillard prägen sein Leben. Doch wenn Emmet abends auf der Bühne zur Gitarre greift, sichert er sich jedes Mal von neuem einen Platz im Jazz-Olymp – wenn er es schafft, einigermaßen nüchtern und pünktlich zu erscheinen. Als er die stumme Wäscherin Hattie kennen lernt, scheint sein unstetes Leben für eine Weile zur Ruhe zu kommen. Doch Emmet ist viel zu sehr Egozentriker und selbstverliebter Künstler, als daß er sich ändern könnte. Er liebt weiterhin vor allem seine Gitarre, seine Ungebundenheit und seine nächtlichen Ausflüge zum Schrottplatz, wo er mit einer Pistole Jagd auf Ratten macht. Er verlässt Hattie und heiratet wenig später überraschend die glamouröse Blanche, eine halbseidene Möchtegern-Schriftstellerin. Als Emmet Blanche inflagranti mit dem zwielichtigen Leibwächter Al Torrio erwischt, verliert er gänzlich den Boden unter den Füßen. Sein letztes musikalisches Lebenszeichen ist die Aufnahme der von ihm komponierten Ballade „Unfaithful Woman“. Wenig später gerät Emmet Ray in der Jazzszene in Vergessenheit…

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„Die schönen Tage von Aranjuez“ – nach dem Theaterstück von Peter Handke.

Montag, 6. November, 20 Uhr: „Die schönen Tage von Aranjuez“. Die ersten Minuten überwältigen: Sie zeigen das menschenleere Paris in morgendlicher Stimmung und langen Einstellungen. Lou Reed schmettert seine Hymne „Perfect Day“, während uns die Bilder aus der Stadt entfernen, forttragen in die Peripherie und hinein in ein Landhaus im Grünen. Wir blicken auf eine grün erleuchtete Jukebox, Lou Reeds Stimme verklingt und die Kamera schwenkt langsam hinüber zu einem namenlosen Schriftsteller (Jens Harzer) an seinem Schreibtisch. Die nostalgische Wurlitzer, der Vorort von Paris: Unverkennbar haben wir es mit einem Wiedergänger Handkes zu tun.
Peter Handkes auf Französisch verfasstem Theaterstück, einem großen Verhör über die Liebe in einem langen Zwiegespräch eines Paares (gespielt von Handkes Frau Sophie Semin und Reda Kateb) an einem sonnigen Sommertag, verleiht der Regisseur einen erzählerischen Rahmen: Ein Mann befragt eine Frau; er will wissen, welche Arten der Liebe sie erlebt hat. Die Frau ist seine Kundschafterin im Reich der Erotik, und ob es, jenseits des Dialogs, eine Intimität zwischen ihm und ihr gab oder je geben wird, bleibt offen. Alle Sinnlichkeit, zu welcher der Mann fähig ist, legt er in das Verhör, das er führt.

Ursprünglich sollte Wenders „Die schönen Tage von Aranjuez“ fürs Theater inszenieren, so lautete Handkes Wunsch. Doch der Filmemacher mochte sich nicht mit Bäumen aus Pappmaché und künstlichem Wind begnügen, er wollte eine unmittelbarere Umsetzung durch das Medium Film. Tatsächlich ist das Ergebnis, in bloß zehn Drehtagen geschaffen, ein Genuss für die Sinne, wenn Nick Cave, der australische Musiker am Flügel einen seiner berührendsten Songs darbietet oder dank der gleichsam ums Paar schwebenden, jederzeit agilen Kamera und der von Wenders so heiß geliebten 3D-Technik. Das Rauschen des Sommerwindes im Blattwerk und das Zwitschern der Vögel bleiben einem lange im Ohr, die Worte Handkes verblassen dagegen.

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