Auf großes Publikumsinteresse stieß das Auftreten Hans Bollingers in der Stadtbücherei St. Ingbert, wo er auf Einladung des St. Ingberter Literaturforums (ILF) sein Buch mit dem Titel „Unterwegs in Polen – Begegnungen mit Menschen, ihrer Geschichte und Heimat“ vorstellte. Der Autor hatte sich trotz massiver Erkältung aus dem Bett gequält, um sein Publikum in St. Ingbert nicht zu enttäuschen.
Prägung durch die Wandervogelbewegung, über vier Jahrzehnte währende Reiseerfahrungen, stetige Konfrontation mit der wechselvollen Geschichte Polens und höchst verdienstvolles Wirken um den kulturellen Austausch zwischen den Nationen erklären die Fokussierung des Pädagogen, Musikers, Autors und Kulturmanagers auf unser östliches Nachbarland.
Auf seinen Reisen kam Hans Bollinger in die großen Städte des Landes, aber auch in die entlegensten Gebiete. Und immer wieder traf er auch auf besondere Menschen: einfache traditionsverhaftete Bauern, Köhler, die in der Wildnis leben, Förster und Wildhüter, die ihn zu kapitalen Hirschen, Wisenten, Adlern und Schwarzstörchen führten, Bergleute in Schlesien, die erleben mussten, wie ihre Kohle nach Russland abtransportiert wurde.
Er wurde jenseits aller Idylle jedoch auch konfrontiert mit der wechselvollen Geschichte des Landes, er stieß in zahlreichen Friedhöfen auf die Spuren der Weltkriege und des Holocaust, erlebte in der eigenen Familie die Konflikte unterschiedlich denkender Oberschlesier und notiert unterhaltsame Details aus dem schwierigen Alltagsleben im Sozialismus.
Bollinger beschreibt das Abenteuer seiner heimlichen Hochzeit in Schlesien, das mit schwierigen Grenzübertritten beginnt, und lässt die Zuhörer teilhaben an seiner Begegnung mit dem großen romantischen Dichter Joseph von Eichendorff. Das Auditorium zeigt sich sehr gerührt, als er zur Erinnerung an Fred Oberhauser, den Mitbegründer und Initiator des ILF, dessen Lieblingslied „Wunderbare Spießgesellen, denkt ihr noch an mich“ mit Gitarrenbegleitung intoniert.
Das Buch ist eine Hommage an Polen, an ein Land mit seinen eindrucksvoll beschriebenen Menschen und Landschaften, die die Zuhörer miterleben durften, wobei Hans Bollinger die gelesenen Passagen immer wieder selbst durch Lieder, die zu den Geschichten passen, umrahmte. Am Schluss lüftete er auch das Geheimnis des „singenden“ Verschlusses der mitgeführten Wodkaflasche und schloss die Lesung mit dem jiddischen Lied „Wir leben ewig, es brennt die Welt, wir leben ewig ohne einen Groschen Geld“, womit er auch an die von ihm 1976 mitbegründete Musikgruppe ESPE erinnerte.
Zum Abschluss der Veranstaltung dankte Jürgen Bost, Sprecher des ILF, Hans Bollinger für seine lebendigen Darbietungen und kündigte zwei weitere Lesungen für den Monat November an: Am 14. November 2016 die Münchner Autorin Dagmar Leupold mit ihrem aktuellen Werk „Die Witwen – ein Abenteuerroman“, das auf der Auswahlliste für den Deutschen Buchpreis 2016 erscheint, und am 23. November 2016 die Vorstellung des Bandes „Von Bitche nach Thionville – Lothringische Mundartdichtung der Gegenwart“ aus dem St. Ingberter Röhrig Universitätsverlag mit einem ganzen Ensemble von Mitwirkenden. Die Veranstaltungen beginnen jeweils um 19.30 Uhr und sind kostenfrei.